"Für
mich selbst bin ich immer ein Stück dreckig."
So
fühlte sich Sonja in der Zeit, als sie regelmäßig von dem besten
Freund ihres Vaters sexuell missbraucht wurde. Dieses Gefühl schmutzig
zu sein verfolgte sie jeden Tag. Sie konnte den Dreck einfach
nicht loswerden. Selbst stundenlanges Waschen nutzte nichts -
das saß tiefer! Auch der Versuch sich gar nicht mehr zu waschen,
in der Hoffnung, daß sie dann vor lauter Ekel in Ruhe gelassen
würde, schlug fehl.
Erst
nach dem sie Jahre später in der Selbsthilfegruppe mit anderen
Betroffenen darüber sprechen konnte und erfuhr, daß die Anderen
das Selbe erlebt hatten, ändert sich ihr Gefühl. Sie erfuhr, daß
es ihren Gesprächspartnerinnen genauso erging wie ihr. Dadurch
wurde ihr persönlicher Schmutz zu einem Schmutz, den viele mit
sich herumtragen müssen, und er begann nun langsam Tag für Tag
ein wenig mehr abzubröckeln.
"Immer
hatte ich das Gefühl, ich bin anders als die Anderen." So fühlte
sich Philipp in Zeiten, in denen er sexuell missbraucht wurde.
Er hielt sich für schlecht und verdorben und hatte ständig Angst
schwul zu werden. Er hatte keinen Freund in der Klasse, so konnte
er auch nicht Gefahr laufen, daß er sich und sein Geheimnis verriet.
Der Missbrauch hörte erst auf, als er mit 17 Jahren in ein betreutes
Wohnprojekt kam. Obwohl Philipp mittlerweile ein paar Freunde
hat, fühlt er sich einsam: "Ich bin wie ein ruderloses Schiff
im Nebel."
"Von
einem auf den anderen Tag bist du erwachsen." Christine hatte
sich von dem Moment an, wo sie von ihrem Vater sexuell missbraucht
worden war, nie mehr zugestanden Kind zu sein. Sie empfand Angst,
Ekel und Schuldgefühle. Niemand schien für sie da zu sein, sie
mußte sich allein durchkämpfen. Deshalb erträumte sie sich eine
andere, schöne, heile Welt. Aus Verantwortungsgefühl gegenüber
ihren Eltern und Geschwistern hat sie lange nicht über ihre Qualen
gesprochen. Heute helfen ihre regelmäßigen Gespräche mit ihrem
Psychologen ihr dabei, die Vergangenheit aufzuarbeiten und zu
erkennen, daß sie damals ein Kind war, daß das, was geschehen
ist, nicht sie verschuldet hat.
"Du
fühlst dich wie Ausschussware, nichts wert." Für Tamara war es
ein Gefühl der Wertlosigkeit. Sie fühlte sich in sich selbst gefangen
und völlig nutzlos. Seid sie den Teufelskreis von sexuellen Missbrauch
durchbrechen konnte, indem sie sich an eine Vertrauensperson wandte,
besucht sie Tanzworkshops und arbeitet viel an ihrer Einstellung
zum eigenen Körper und zu ihrer Persönlichkeit. Heute kann sie
mit Selbstbewußtsein von sich sagen: "Ich brauche nicht mehr vor
mir weglaufen."
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