Asozial
durch Computer?
Computersucht
macht asozial - wie jede Sucht.
Echte Computerjunkies - früher nannte man sie Hacker -, die
nicht selten 70 und mehr Stunden in der Woche am Bildschirm
sitzen.Bevor sie ein Gespräch beginnen, drücken sie lieber die
Enter-Taste, sagt die britische Wissenschaftlerin Margaret Shotton.
Sie unterteilt die "Süchtigen" in ihrer Studie "Computer Addiction?
A Study of Computer Dependency" in drei Kategorien:
Die
"Netzwerker" begreifen ihr Gerät eher als Spielzeug, das in
erster Linie ihrem Vergnügen dient, während die "Arbeiter" mit
Ernst bei der Sache sind und den Computer zur als Lernhilfe
nutzen. Dem "Entdecker" schließlich wird im Verlauf seiner Erkundungen
der Computer zunehmend zum Partner, der es ihm erlaubt, andere
soziale Bindungen zu vernachlässigen.
Nicht
alle Züge dieser Sucht sind negativ. Vergleiche man die Persönlichkeitsbilder
von Computersüchtigen mit denen von Autofanatikern, Hifi-Freaks,
Freizeitpiloten oder anderen "Besessenen", so gebe es manche
Übereinstimmung. Aber: Die Leidenschaft letzterer werde akzeptiert,
die der Computernarren dagegen nicht.
Therapieversuche
beschäftigen sich mit der Wiederaufnahme von Kommunikation;
funktioniert
die Therapie, kommt man miteinander ins Gepräch, verringert
man beiderseits die Distanz zwischen Wissendem und Unwissendem,
nähert sich auf neuem Terrain.
...sieht
man den Kult, der getrieben wird um ein Werk wie das von der
Bundesprüfstelle indizierte "DOOM", das wohl als das meistverkaufte,
-getauschte und -kopierte Spiel des Jahres 1994 in die Annalen
eingehen dürfte; ganze Ergänzungs-CD-ROMS mit Zusatzlevels,
Erweiterungen, Tricks und ähnlichen DOOMheiten werden angeboten
und verkauft (übrigens bislang noch unindiziert!).
Im SPIEGEL vom 12.12.1994 erschien unter der Überschrift "Krieg
mit soviel Spaß" ein ausführlicher Artikel über die Bemühungen
japanischer Hersteller um die Computerspiel-Weltherrschaft:
"An
der Ausstattung des elektronischen Kinderzimmers werden Milliardensummen
verdient. Voriges Jahr haben Sega und Nintendo weltweit Geräte
und Spiele im Wert von 40 Milliarden Mark verkauft. Und ein
einziger Hit, etwa das Prügelspiel "Mortal Kombat", bringt so
viel Geld wie der Erfolgsfilm "Forrest Gump".
Und
was für die Branche der Videospiel-Hersteller gilt, wird für
die Computerspiel-Budgets der Computerspiel-Firmen auch nicht
so falsch sein. Einen interessanten, wenn auch nicht allzu schwerwiegenden
Ansatz zu dem damals noch in den Anfängen steckenden Interessenschwerpunkt
der Heranwachsenden wagte übrigens schon 1988 Thorsten Alisch
in der TAZ (12.7.1988) unter dem Titel "Streifzüge durchs Abenteuer":
"Vielleicht reagieren gewisse Erwachsene so aggressiv auf Computerspiele
(wie früher gegen Fernsehen, Comics und Punk gewettert wurde),
weil ihnen die Trennung der Kinder von ihnen so drastisch vorgeführt
wird. Sicher, etwas befremdend wirkt das schon, wenn Kinder
nicht mehr ihren Hamster oder den Kanarienvogel zu Jugend-forscht-Zwecken
mißbrauchen, sondern diesen leblosen "Sprite" mit allen Schikanen
zu Tode quälen können. Doch die häufig vorgebrachte Behauptung,
Kinder verlieren so jeden Kontakt zur Wirklichkeit, widerlegt
sich schon durch den Hamster, der sich nun freuen kann, daß
nicht mehr er in grausame Kinderhände gerät." Die Ängste der
Industrie vor dem Verlust der Macht über das Kind oder vor einem
Abdriften in dubiose Ausgeburten sensationslüsternen Nervenkitzels
sind jedenfalls spürbar geworden, zu oft wurden ihre Machenschaften
in der Tagespresse ans Licht der Öffentlichkeit gezerrt. Eine
kurze Auswahl von Überschriften möge genügen: WESTFALENPOST
vom 17. Dezember 1994 - "Jugendamt warnt vor Computergeschenken
und Video. Computer und Video schadet Sozialverhalten und Augen",
DIE ZEIT vom 4. November 1994 - "Schlacht ums Kind mit 64 Bit",
WESTFALENBLATT vom 24. Oktober 1994 - "Massenmord im Arbeitsspeicher".
Dadurch wird aber immer noch nicht das Zeitlimit festgesetzt.
Einfachstes Mittel: "Ein Wecker neben den Computer stellen,
der einem sagt, daß es nun Zeit ist, aufzuhören."
Und
wer glaubt, das Internet habe bereits Besitz von seiner Psyche
ergriffen, sollte unter "http://www.earthplaza.com/netaholics"
die Homepage der "Anonymen Netaholics" anklicken. Auf der Website
der Hilfsorganisation findet sich ein einziger, nachahmenswerter
Satz: "Netaholics Anonymous has logged off" - die Anonymen Netzsüchtigen
haben abgeschaltet.